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Freitag, 23. August 2013

Warum eigentlich Eishockey?

Eigentlich hatten wir geplant, unser Team zu einem Vorbereitungsspiel nach Esbjerg zu begleiten, aber dank einer fetten Grippe oxidiert man nun daheim vor sich hin und macht sich so seine Gedanken, wenn man nicht mal wieder pennt oder die Papiertaschentücherindustrie fördert. Vor allem kommt in periodischen Abständen immer mal wieder ein Gedanke hoch: Warum engagieren sich zwei Mittvierziger noch so aktiv in einer Fanszene? Eigentlich sollte man doch "vernünftig" und "erwachsen" sein...

Der Sport


Eishockey ist faszinierend, schnell, hart und technisch anspruchsvoll. Zugegeben, es ist schwer für einen Neuling, in den Sport einzusteigen. Es gibt sehr viele Regeln, die bei dem hohen Tempo teils so schnell umgesetzt werden (müssen), dass einem dabei schon mal schwindelig werden kann. Und erst der Puck: Das Ding ist so klein, dass Neueinsteiger sich noch wundern, während die alten Hasen schon lange jubeln, wenn die Hartgummischeibe im Netz zappelt.

Vieles ist aber auch nachvollziehbar, wenn man genau darüber nachdenkt. Gibt es einen Regelverstoß, gibt es auch sofort eine Strafe, die dem "geschädigten" Gegner für ein paar Minuten einen unmittelbaren Vorteil verschafft. Bei Fußball gibt es eine gelbe Karte, von der in der Zukunft vielleicht ein anderer Gegner profitiert.

Natürlich gibt es auf dem Eis auch Auseinandersetzungen körperlicher Art. Warum auch nicht? Auch hier kann man den Vergleich zu anderen Sportarten wie Fußball ziehen: Gibt es auf dem Spielfeld verbale und versteckte Provokationen, die gelegentlich mal in einem Revanchefoul enden und oft nur den Foulenden, nicht aber den Provokateur bestrafen, gibt es beim Eishockey gleich eins auf die Mütze und beide dürfen auf der Strafbank Platz nehmen. OK, nicht immer, aber häufig. Und so oft kommt es nun auch nicht vor, da darf man den vom Eishockey unbeleckten Medien nicht immer glauben. Irritierend finde ich allerdings, dass der Sport manchen zu brutal sei und sie sich dann schnell verabschieden, um einen Boxkampf im Fernsehen zu genießen.

Aber letztlich bleibt es der schnellste Mannschaftsport der Welt, der durch das hohe Tempo und die vielen Torszenen unheimlich attraktiv ist. Und da zwar oft mehr Tore fallen als beim Fußball, aber lange nicht so inflationär viele wie beim Handball oder Körbe beim Basketball, bietet Eishockey fast eine perfekte Jubelfrequenz.

Die Fankultur


Die Fans sind das zweite Pfund, mit dem Eishockey wuchern kann. Es gibt nicht viele Sportarten, bei denen die Fans beider Lager sich auf den Tribünen gegenseitig verbal was vor den Latz knallen und dann hinterher gemeinsam feiern. Oder sie treffen sich in der Sommerpause zu bundesweiten Fantreffen. Da verbringen sogar ausgesprochene Derby-Gegner ein entspanntes Wochenende miteinander. Und wie mal ein Fußballfan sinngemäß im einem Blog schrieb: "Es ist unglaublich, es gibt gar keine Trennungen zwischen den Fanblöcken. Man kann munter hin- und herspazieren, sich unterhalten. Und dann hauen die sich gegenseitig Gesänge um die Ohren und nach dem Spiel stehen die zusammen an der Theke. Unfassbar!"

Diese Trennung des Verhaltens auf der Tribüne und an der Theke in der klassischen Eishockeykultur mag für viele Außenstehende irritierend sein, aber vielleicht ist das genau das Geheimnis? Natürlich schiebt man Frust auf der Tribüne, wenn das eigene Team zurückliegt oder gar verliert. Manchmal ist es halt besser, diesem Frust kurz mal deutlich zu machen und gut ist.  Besser jedenfalls, als politisch korrekt und emotional neutral nur freundlich zu sein, dann aber den Frust mit geballter Faust in der Tasche an die Theke zu schleppen. Wer leidenschaftlich mitgeht, braucht gelegentlich ein Ventil und am harmlosesten ist ein derber Spruch, solange es kein Dauerzustand wird. Schließlich will man ja, dass sein eigenes Team gewinnt und die Spieler reagieren schon mal darauf, ob man sich mehr mit dem Gegner beschäftigt als mit dem eigenen Team.

Natürlich lacht man mit dem Gegner an der Theke darüber, dass beide Seiten faktisch das gleiche machen und das eigentlich gar nicht wichtig ist. Was viel wichtiger ist, sind Szenen, die die Sprüche "Eishockeyfans sind faire Fans" und "Wir sind alle Eishockeyfans" nur allzu deutlich machen. Wer von den Landshutern und Bremerhavenern erinnert sich nicht daran, wie zum Schluss des "Sonderzugspiels" die Fans und die Mannschaften beider Lager sich gegenseitig und zusammen gefeiert haben. Oder auch der Sonderzug der Straubinger nach Krefeld, bei dem beide Lager zusammen gesungen haben. Gänsehaut pur! Und solche Beispiele gibt es sehr viele...

Ebenso kann man nach einigen Jahren in der Fanszene irgendwo hin fahren und man trifft überall bekannte Gesichter, auch im Ausland. Ob wir nun nach Belfast fahren, Niederländer nach Bremerhaven kommen und Dänen sich nach Bayern "trauen": Es ist immer Zeit für feiern, schnacken, ein Bierchen und Unsinn.

Ganz bestimmt ist diese Fankultur auch Grund dafür, dass das fast dauerhaft krisengeschüttelte Eishockey in der Zuschauergunst auf Platz zwei nach König Fußball steht. Eishockey ist ein teurer Sport und ohne Fans, die im Laufe einer Saison zu Millionen in die Hallen strömen, könnte dieser Sport wohl schon gar nicht mehr existieren.

Natürlich gibt es auch unschöne Dinge, die von anderen Sportarten herüberschwappen. Sollten wir irgendwann soweit sein, dass Fanblöcke abgesperrt werden und Auswärtsfahrten nur noch mit massiven Polizeiaufgebot möglich sind, wäre Eishockey auch nicht mehr unsere Sportart. Aber trotz der großen Zahl der Fans insgesamt ist es an den einzelnen Standorte doch eher überschaubar und stressorientierte Zuschauer sind nicht so anonym wie zum Beispiel beim Fußball. Aber sollten diese Verhältnisse beim Eishockey eintreten, wird diese Sportart eh nicht überleben können. Solange aber die Eishockeyfans mit zielgerichteter und fairer Kritik und auch Konsequenzen anstelle von Pauschalveruteilungen und undifferenzierter Ausgrenzung reagieren, besteht Hoffnung und der Spruch von fairen Eishockeyfans wird mit Leben gefüllt.

Das Sommertheater


Wie jetzt? Das Sommertheater ist toll? Zugegeben, da muss man einmal um die Ecke denken. Das alljährliche Sommertheater im Eishockey ist wirklich nicht schön und schadet der Sportart ungemein. Aber was ist mit den Fans?

Es ist faszinierend zu beobachten, wie sich die aktiven Fans austauschen, Standpunkte erläutern und trotz teils sehr gegensätzlicher Ansichten trotzdem vernünftig miteinander reden können. Ein Verhalten, welches man so manchem Sportfunktionär gerne anraten würde.

Natürlich ist der Einwand legitim, dass es auch unter den Fans Betonköpfe gibt. Aber ist das wirklich die Masse? Wenn man die Diskussionen im Internet aufmerksam verfolgt, sind es nur ganz wenige, aber sehr laute Exemplare, die ihre Vorurteile gegenüber anderen Regionen und Vereinen intensivst pflegen und verbreiten. Überwiegend findet man doch einen Weg zueinander, schließlich hat man ja ein gemeinsames Interesse und insbesondere den Wunsch, die Sportart wieder zu stärken. Viele verzichten letzten Endes darauf, ihren Verein subjektiv als leuchtendes Beispiel anzuführen und sich auf der regionalen Insel der Glückseligkeit zu verschanzen, weil Eishockey eben glücklicherweise noch keine regionale Sportart ist.

Alles Klar?


Nun, vielleicht ist es dem einen oder anderen deutlich geworden, warum wir immer noch so fasziniert sind. Das Miteinander, die Solidarität, die Hilfsbereitschaft und letztlich die Bereitschaft, für den Sport die Rivalität in den Hintergrund rücken zu lassen sind das, was uns so fasziniert. Das sind alles Dinge, die in unserer Ellbogengesellschaft immer seltener werden und ein umso höheres Gut sind. Dann passieren halt einfach mal bemerkenswerte Dinge. Wer hätte vor zehn Jahren gedacht, dass hunderte von Bremerhavenern Unterschriften für eine Eishalle in Wilhelmshaven leisten? ;)

In diesem Sinne: Gegeneinander um Punkte, gemeinsam für unseren Sport!



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